Tabelle 1: Schwerwiegende chronische Infektionen, die auch bei gesund wirkenden Flüchtlingen niederschwellig gesucht werden sollen. |
Infektion | Häufigste Symptome | Screening | Behandlung, Kommentare |
HIV | – Häufig jahrelang asymptomatisch – HIV Primoinfektion (ca. 2–3 Wochen nachAnsteckung): Fieber, Grippe, orale Ulzera, makulopapulärer Ausschlag, aseptische Meningitis, Lymphadenopathie – AIDS Stadium: Opportunistische Erkrankungen | HIV Serologie der
4. Generation
Bei Verdacht auf Primoinfektion: PCR (HIV RNA) | – Screening bei allen Flüchtlingen aus Subsahara Afrika – Falls positiv: Überweisung an Infektiologen |
Syphilis | – Primärstadium: Ulkus/Knoten genital, anal, oral (10–90 Tage nach Ansteckung) – Sekundärstadium: Hautausschlag, Lymphadenopatie, Fieber, Hepatitis, Hirnnervenausfälle – Latenzphase: Meist jahrelang asymptomatisch – Spätstadien (Tabes dorsalis, Aortitis, Gumma): Rücksprache | Syphilis-EIA oder TPPA | – Primär- oder Sekundärsyphilis verschwinden auch ohne Therapie spontan – Niederschwellig Ausschluss Neurosyphilis mittels Lumbalpunktion: bei Kopfweh, Augen- oder Ohrensymptomen, niederschwellig Zuweisung Infektiologie |
Tuberkulose
(TB) | – Meist jahrelang asymptomatisch («latente TB») – Verdacht auf aktive TB: protrahiertes Fieber, Husten, Nachtschweiss, Gewichtsverlust, persistierende Lymphknotenschwellungen, unklare Bauchschmerzen | Asymptomatisch: Screening in der Schweiz nicht empfohlen;
Interferon-Bluttest (Quantiferon® oder T.Spot.TB®) | – Bei Verdacht auf aktive TB:
Röntgen Thorax, plus Mikroskopie, PCR und Kultur aus geeigneten Biopsien/Körperflüssigkeiten |
Hepatitis B
| – Meist jahrelang asymptomatisch – Eventuell Ikterus, grippeartige Symptomatik, Zeichen einer chronischen Leberkrankheit (z.B. Ösophagusvarizen, Aszites) | HBs-Antigen,
HBc-Antikörper | – Screening bei Prävalenz im Herkunftsland >2%: u.a. Afrika, Asien, Osteuropa – HBs-Ag und HBc-Ak negativ: nicht infiziert → Impfung zum Zeitpunkt 0, 1, 6 Monate – HBs-Ag positiv und HBc-Ak positiv oder negativ → akute oder chronische Infektion → Rücksprache Infektiologie/Hepatologie – HBs-Ag negativ und HBc-Ak positiv
→ wahrscheinlich durchgemachte Infektion → Rücksprache |
Hepatitis C | – Meist jahrelang asymptomatisch – Ikterus, grippeartige Symptomatik, Zeichen einer chronischen Leberkrankheit (z.B. Ösophagusvarizen, Aszites) | HCV-Antikörper | – Screening bei Prävalenz im Herkunftsland >3%: u.a. Zentralasien, Osteuropa, Naher Osten, Nordafrika, Subsahara-Afrika – Falls positiv: HCV RNA (PCR-Methode) – Falls HCV RNA negativ → Status nach Hepatitis C, keine chronische Infektion – Falls HCV RNA positiv → Überweisung
an Infektiologie/Hepatologie |
Schistosomiasis | – Häufig asymptomatisch – Chronische Bauchschmerzen, Durchfall, Splenomegalie, Anämie, Hypalbuminämie, Mikrohämaturie, asymptomatische Eosinophilie – Leberzirrhose, Abflussstörungen/Fibrose der Harnwege, Blasenkrebs | Serologie | – Screening bei allen Flüchtlingen aus Subsahara-Afrika – Praziquantel* 60 mg/kg als Einzeldosis,
ev. 2. Dosis nach 3–4 Wochen – Praziquantel nur bei negativer Neurozystizerkose-Serologie |
Strongyloidiasis | – Häufig asymptomatisch – Chronische Bauchschmerzen, Durchfall | Serologie | – Screening bei allen Flüchtlingen aus Südostasien und Afrika – Vor Gabe von Immunsuppressiva Ausschluss einer Strongyloidasis mittels Serologie wegen Gefahr eines Hyperinfektions-Syndroms |
* In der Schweiz nicht erhältlich, s. Tabelle 2. |