Ein Curriculum für Herzinsuffizienz ist als Grundlage für die Entwicklung erforderlicher nationaler Strukturen unumgänglich

Positionspapier «Herzinsuffizienz-Curriculum» der Arbeitsgruppe Herzinsuffizienz der SGK

Official communications
Issue
2018/01
DOI:
https://doi.org/10.4414/cvm.2018.00537
Cardiovascular Medicine. 2018;21(01):26-32

Affiliations
Involvierte Zentren (alphabetisch) BE, BS, GE, LS, LU, SG, TI, ZH

Published on 17.01.2018

Hintergrund

Die Kardiologie hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten durch grosse Fortschritte im Verständnis und in der Behandlung von Herzerkrankungen dramatisch verändert. Gleichzeitig hat dieser Fortschritt eine Spezialisierung bedingt, da Wissenszuwachs und neue technische Möglichkeiten Fokussierung verlangen. Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) hat ­dieser Entwicklung Rechnung getragen durch das Erstellen umfassender Leitlinien, die nicht nur für die Interventionelle Kardiologie, die Rhythmologie und die Herzinsuffizienz, sondern für viele andere Bereiche der Kardiologie evidenzbasiertes Vorgehen definieren. Verschiedene nationale Projektgruppen (wie zum Beispiel in Deutschland die Projektgruppe Aus-, Weiter- und Fortbildung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie [DGK]), haben in «Curricula» Empfehlungen ausgesprochen, die gefordertes Fachwissen und technische Fertigkeiten für Subspezialitäten definieren. Diese Curricula basieren einerseits auf den Inhalten der Weiterbildungsordnung der Kardiologie, gehen jedoch andererseits über das theoretische Wissen und die technischen Fertigkeiten der Weiterbildungsordnung für den Facharzt Kardiologie hinaus. Für derartige Curricula wurde der Begriff «Zusatzqualifikation» gewählt, um diese zusätzliche Qualifizierung unter dem Dach der wissenschaftlichen Fachgesellschaften (= Arbeitsgruppen) von der Regelweiterbildung nach bestehendem Muster zu unter­scheiden.

Praktizierte Subspezialitäten der ­Kardiologie in der Schweiz

Curriculum für Rhythmologie in der Schweiz

In der Schweiz gibt es ein «Curriculum» für Rhythmo­logie, das auf der ESC-Zertifizierungs-Prüfung der European Heart Rhythm Association (EHRA) basiert ­(= Level 1) [1]. Insgesamt werden für die Rhythmologie durch die EHRA drei verschiedene theoretische Prüfungen offeriert:
– AP (Allied Professionals in Cardiac Pacing and Implantable Cardioverter Defibrillators)
– CP (Cardiac Pacing and Implantable Cardioverter Defibrillators)
– EP (Invasive Cardiac Electrophysiology)
Ferner gibt es im Curriculum «Rhythmologie» nebst den genannten theoretischen EHRA-Prüfungen (= Level 1) noch einen Level 2, der Auskunft über die praktische Erfahrung gibt.
– Level 2 (= Erlangung der entsprechenden Erfahrung mit Angabe der Anzahl von Implantationen, resp. Interventionen/Ablationen in einem Log-Buch). Die geforderte Anzahl von Interventionen muss zeitlich innerhalb ± 4 Jahre (bezogen zur theoretischen EHRA-Prüfung) erreicht werden.

Curriculum für Interventionelle Kardiologie in der Schweiz

Die European Association of Percutaneous Cardiovascular Interventions (EAPCI) bietet vorderhand keine eigentliche Anerkennung bzw. Zertifizierung an. Es gibt jedoch «European Interventional Cardiology Fellows»-Kurse. Der vierte EAPCI-Fellow Course fand am 15.–16. Mai 2017, unmittelbar vor dem jährlichen EuroPCR, in Paris statt. Die Schweiz hat zehn anerkannte Zentren für die Ausbildung in interventioneller Kardiologie. In diesen Zentren können die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten erworben und die geforderte notwendige Anzahl von Interventionen durchgeführt werden [2, 3].

Schwerpunkte für die Betreuung von ­Herzinsuffizienzpatienten

In den vergangenen Jahren wurden in allen Schweizer Universitätsspitälern und in einigen Kantons-, wie auch Privatspitälern Schwerpunkte für die Betreuung von Herzinsuffizienzpatienten eingerichtet. In diesen Schwerpunkten werden Kardiologen im Rahmen der Facharzt-Ausbildung Kardiologie für eine Gesamtdauer von 6 Monaten ausgebildet, um Grundkenntnisse in der Herzinsuffizienz-Behandlung zu erlangen. Einzelne Kollegen haben diese Grundausbildung auf eigenen Wunsch auf ≥1 Jahr verlängert (siehe Abb. 1), mit dem Ziel, Kenntnisse zu erweitern und zu vertiefen und den NICE-Kriterien der britischen Fachgesellschaft für Kardiologie zu entsprechen. Diese Kollegen sind heute in den Kantonen Graubünden, Wallis, Waadt und Neuenburg tätig und als lokale Referenz-Kardiologen für Herzinsuffizienz im Netzwerk mit ­einerseits lokalen Ärzten und andererseits den zentralen Spitälern, wie zum Beispiel Universitäts-, Kantons- oder auch qualifizierten Privat- bzw. Regionalspitälern, tätig. Darüber hinaus haben bereits mehrere Fachärzte für Kardiologie in der ­Suisse Romande (GE, VD, NE) und im Kanton Tessin sowie in der Deutschschweiz den HFA-Kurs Herzinsuffizienz (siehe unten) erfolgreich absolviert und arbeiten als HFA/ESC-zertifizierte Kollegen teils an Spitälern, teils in der Niederlassung.
Abbildung 1: Abb. 1A stellt das HI-Spezialisten- Curriculum der HFA dar [6], die Abb. 1B jenes der AG Herzinsuffizienz der DGK [18]. Nachdruck mit freundlicher Genehmigung von Prof. Theresa McDonagh (für Abb. 1A) und Prof. Norbert Frey (für Abb. 1B). CIEDS = Cardiovascular implantable electronic devices.

Strategie Curriculum «Herzinsuffizienz»

Auf den ersten Blick erscheint es sinnvoll, Zusatzqualifikationen für die invasiven Disziplinen Rhythmologie und interventionelle Kardiologie zur Qualitätssicherung in der Patientenversorgung zu etablieren. Dies gilt jedoch gleichermassen für andere Subspezialitäten der Kardiologie, insbesondere die Herzinsuffizienz.
Dank umfangreicher Forschungsarbeit und unermüdlichem Einsatz vieler Beteiligter hat sich die Behandlung der Herzinsuffizienz in den vergangenen Jahrzehnten erheblich verändert. Dieser Entwicklung wurde in kardiologischen Fachgesellschaften bereits Rechnung getragen wie zum Beispiel in den USA, England, Deutschland und den skandinavischen Ländern. Motivation für diesen Entscheid der Fachgesellschaften für Kardiologie sind nicht nur der unumstrittene Wissenszuwachs und die Spannbreite der Herzinsuffizienz, sondern die Erkenntnis, dass die Prävalenz dieser Volkskrankheit bereits jetzt 1,5–2,5% beträgt und der Anteil der betroffenen Bevölkerung durch die Veränderung der Alterspyramide weiter zunehmen wird. Um den damit verbundenen Bedürfnissen der Gesellschaft gerecht zu werden, ist es erforderlich, medizinische Qualitätsstandards zu definieren. Ein Curriculum für Herzinsuffizienz in der Schweiz ist daher als Grundlage für die Entwicklung erforderlicher nationaler Strukturen unumgänglich.

Allgemeines zur Herzinsuffizienz und ­Herzinsuffizienzbetreuung

Die Herzinsuffizienz ist eine epidemiologisch relevante Erkrankung, die in der Schweiz derzeit ca. 200 000 Patientinnen und Patienten betrifft, wobei jährlich ca. 5000 bis 10 000 neue Fälle dazukommen [4]. Ursache der zunehmenden Prävalenz ist primär die Verschiebung der Verteilung der Alterspyramide mit Zunahme des ­Anteils der älteren und alten Menschen, bei denen die Prävalenz der Herzinsuffizienz bis zu 20% beträgt. Des Weiteren rettet der Fortschritt in der modernen Kardiologie, insbesondere die rasche Behandlung der Herzinfarkte mittels Herzkathetertechnologie, Leben. Es bleibt jedoch auch bei einem rasch behandelten Herzinfarkt oft ein kardialer Schaden zurück, der im längeren oder auch kürzeren Verlauf die Entwicklung einer Herzinsuffizienz begünstigt.
In den vergangenen Jahrzehnten haben Medikamente, Medizinalprodukte, chirurgische Eingriffe und Lifestyle-Anpassungen die Lebensqualität und die Prognose der Herzinsuffizienz wesentlich verbessert. Andererseits sind durch die erfolgreiche Behandlung von Herzinsuffizienz-Patienten auch andere nicht-kardiologische Aspekte wichtiger geworden wie zum Beispiel die Behandlung von Ko-Morbiditäten und die strukturierte Zusammenarbeit mit der Palliativmedizin [5].
Die Betreuung der Herzinsuffizienz beschränkt sich daher nicht nur auf kardiologische Aspekte; die Integration von begleitenden Erkrankungen ist oft mitentscheidend für den langfristigen Therapieerfolg. Hier ist entsprechende Kenntnis und transversale Zusammenarbeit mit dem betreuenden Hausarzt und/oder Fachkollegen Schlüssel zum Erfolg. Die Subspezialität Herzinsuffizienz unterscheidet sich daher als interdisziplinär tätige, auch internistisch orientierte Fachrichtung (Mitbetreuung von Komorbidiäten wie Nieren­insuffizienz, Anämie, COPD, Diabetes, Schlafstörung usw.) deutlich von anderen Subspezialitäten der Kardiologie. Andererseits muss der Herzinsuffizienz-Kardiologe auch kompetent bildgebende und interventionelle Verfahren durchführen können wie zum Beispiel Echokardiografie, Rechtsherz-Katheteruntersuchungen und gegebenenfalls Schrittmacher-Implantationen und -Kontrollen nach Erlangung der theoretischen und praktischen Qualifikation gemäss EHRA (Liste nicht vollständig). Spezielle Kenntnisse sind des Weiteren erforderlich für die Betreuung der fortgeschrittenen und der terminalen Herzinsuffizienz mit Verfahren wie Implantation und Betreuung von temporären Monitoring- oder ventrikulären Assist-Devices sowie Betreuung von Patienten mit permanenten Assist-Devices oder nach Herztransplantation. Dieses Anforderungsprofil wird im Zürcher Postgraduate-Kurs in Herzinsuffizienz (Postgraduate Course in Heart Failure, PCHF, https://www.zhh.ch/de/postgraduate-course-heart-failure-pchf) der HFA/ESC thematisiert und im Konsensus-Manuskript der HFA/ESC spezifiziert [6].
Diese aufwändige und interdisziplinäre Arbeit ist für chronisch-kranke herzinsuffiziente Patienten von allergrösster, lebenswichtiger Bedeutung, und bereits jetzt zeigen sich Verbesserungen im Überleben von ­Patienten, wenn diese von Spezialisten betreut werden, wie im EURObservational long-term Heart Failure registry aufgezeigt [7].
Aus Qualitätsgründen, aber auch gesundheitspolitischer und gesundheitsökonomischer Motivation heraus ist daher in der Schweiz die Einführung der Herz­insuffizienz-Subspezialität erforderlich – ähnlich wie in der Inneren Medizin die Subspezialität Onkologie herausgebildet worden ist. Tatsächlich ist die Prävalenz der Tumorkrankungen im Vergleich zur Herzinsuffizienz weltweit nicht einmal doppelt so hoch [29] bei vergleichbarer Mortalität und Morbidität beider Volkskrankheiten [8, 9]. Ähnlich wie bei Tumorerkrankungen ist Spezialwissen erforderlich, um evidenzbasiert den Herzinsuffizienz-Patienten erfolgreich zu betreuen [10]. Die tägliche Erfahrung zeigt, dass das Potenzial der heute verfügbaren Herzinsuffizienz-Therapien mit nachgewiesen prognostisch günstigem Effekt aktuell in der Schweiz nicht ausgeschöpft ist, was wiederum die Haupt­ursache für die hohe Hospitalisierungs-Rate und damit wesentlicher Kostenfaktor für das Gesundheitswesen ist. Hier besteht nationaler Handlungsbedarf.
Bezüglich der Bedenken, ob die Subspezialisierung in der Schweiz überlebensfähig wäre, erlauben wir uns, auf die Beispiele USA oder England zu verweisen, allerdings haben nicht wenige Herzinsuffizienz-Kardio­logen nicht nur diesbezügliche spezifische Kenntnis, sondern oft auch weitere Zusatzqualifikationen erworben (z.B. Rhythmologie, Bildgebung oder auch interventionelle Kardiologie) [28|.

Relevanz chronischer Erkrankungen 
in der Schweiz

Die Wichtigkeit der chronischen Erkrankungen, zu denen die Herzinsuffizienz dazugehört, wurde durch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und den Bundesrat erkannt und als Schwerpunkt in die Strategie «Gesundheit 2020» aufgenommen [11]. Die spezifischen Bedürfnisse für die Herz- und Kreislauferkrankungen, einschliesslich Herzinsuffizienz, wurden in der «Nationalen Strategie Herz- und Gefässkrankheiten, Hirnschlag und Diabetes» konkretisiert [12]. Das heisst, die Politik hat bereits den Bedarf für eine qualifizierte Herzinsuffizienz-Betreuung erkannt und den Aufbau entsprechender Strukturen und die Umsetzung von Qualitätsstandards als Ziel definiert. Es ist daher auch im Interesse der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie, Antwort auf diese Initiative zu geben, um in der Rolle als verantwortlicher Partner in diesem Segment gesellschaftspolitischer Verantwortung wahrgenommen zu werden.

Nationaler und internationaler ­Stellenwert 
der Herzinsuffizienz

Die Arbeitsgruppe Herzinsuffizienz der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie (SGK) hat seit der Gründung 1997 zwischenzeitlich ca. 150 ordentliche und ausser­ordentliche Mitglieder (zum Vergleich, die SGK hat ca. 450 Mitglieder bei ca. 1200 Herzspezialisten gemäss Schweizerischem Ärzteindex). Die Arbeitsgruppe Herzinsuffizienz führt nebst eigenen Symposien im Rahmen des SGK-Jahres- und Herbstkongresses jährlich ein Wintersymposium und das erfolgreiche Dreiländertreffen Herzinsuffizienz (www.herzinsuffizienz-d-a-ch.org) gemeinsam mit den Ländern Deutschland und Österreich durch. Die Gründung eines die drei deutschsprachigen Länder übergreifenden Vereins «Herzinsuffizienz» ist unmittelbar bevorstehend.
Die Heart Failure Association (HFA) der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (European Society of Cardiology, ESC) ist weltweit die grösste Gesellschaft für Herzinsuffizienz, hat über 9000 Mitglieder und ist hiermit auch die grösste «Association» der ESC mit 45 nationalen Herzinsuffizienz-Arbeitsgruppen. Der HFA-Kongress erreichte im Frühjahr 2017 in Paris mit über 5000 aktiven Teilnehmenden einen Spitzenwert. Seitens der ESC werden durch die HFA jährlich 20 Kurse basierend auf der ESC eLearning-Plattform angeboten. Die HFA hat 20 Committees und Studiengruppen. Mehr als 25 Länder (darunter auch die Schweiz) nehmen am Europäischen «Heart Failure Awareness»-Tag teil.

Internationale Weiterbildung 
zum Herzinsuffizienz-Spezialisten

Die HFA der ESC führte am Jahreskongress in Paris (2017) zum zweiten Mal ein Zertifizierungsexamen durch (https://www.escardio.org/Education/Career-Development/Certification/Heart-Failure). Das Bedürfnis nach Bestehen des Examens zeigt, dass
– ein Bedürfnis nach Zertifizierung für die Qualitätssicherung in der Betreuung von Herzinsuffizienz-Patienten besteht;
– internationale Assoziationen Zertifikate ausstellen, welche national nicht angeboten werden.
Dies bedeutet, dass nationale Gesellschaften für Kardiologie dem Ausbildungbedürfnis der im eigenen Land ausgebildeten Kardiologen bislang nur in wenigen Ländern gerecht werden. Die Schweiz hat hier ­bereits erste Schritte unternommen durch die Ein­richtung von Extraordinariaten, die an den Uni­versitätsspitälern Bern, Lausanne und Zürich Herz­insuffizienz-Fachexpertise in der studentischen und postgradualen Ausbildung sichern sollen.
Eine weitere Initiative stellt der Zürcher Postgraduate Kurs in Herzinsuffizienz (Postgraduate Course in Heart Failure, PCHF) dar, der durch die HFA der ESC, der European Heart Academy in Zusammenarbeit mit dem ­Zürich Heart House entwickelt wurde. Es handelt sich um einen 2-jährigen Kurs bestehend aus 8 Modulen von je 2,5 Tagen Dauer. Der Kurs umfasst 160 Unterrichts-Stunden (interaktive Sessionen, praktische Seminare mit Patienten und klinische Visiten) und 140 Stunden Selbststudium und führt nach erfolgreichem Abschluss zu einem Zertifikat der Universität Zürich ­(Certificate of Advanced Studies of the University of Zurich, CAS UZH)

Schlussfolgerung

Erfreulicherweise hat der Wissenszuwachs in Herz­insuffizienz Morbidität und Mortalität dieser Volkskrankheit erheblich verbessert. Der rasche Wissens-Fortschritt und die Zunahme der Prävalenz dieser Erkrankung erfordern standespolitische Entscheidungen, die es der Schweizer Kardiologie ermöglichen müssen, Bedürfnisse der Gesellschaft jetzt und in der Zukunft mit hoher Qualität und kostenbewusst abzudecken. Die Einführung einer Subspezialität in Herz­insuffizienz (ähnlich der Interventionellen Kardiologie bzw. der Rhythmologie) macht vor diesem Hintergrund Sinn und folgt Beispielen anderer Länder [13–17].

Vorarbeiten in der Schweiz

Aus den genannten Gründen wurde anlässlich des (deutschsprachigen) D-A-CH Dreiländertreffens Herz­insuffizienz im Herbst 2014 eine D-A-CH-TaskForce «Herzinsuffizienz-Curriculum» einberufen. Mitglieder der TaskForce waren für Deutschland: Stefan Störk (Würzburg), Andreas Luchner (Regensburg); für Österreich (Austria): Deddo Moertl (St. Pölten), Gerhard Poelzl (Innsbruck) und für die Schweiz (CH): Roger Hullin (Lausanne), Paul Mohacsi (Bern). Die TaskForce «Herzinsuffizienz-Curriculum» hat sich im Dezember 2014 und 2015 für Vorarbeiten und eine Consensus-Findung getroffen. Anlässlich des D-A-CH-Dreiländertreffens in Halle/Deutschland (Herbst 2016) wurde in der Arbeitsgruppe Herzinsuffizienz der SGK beschlossen, ein auf Schweizer Verhältnisse ausgerichtetes Positionspapier zu publizieren. Zeitgleich wird ein entsprechendes Positionspapier von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie erarbeitet (Leitung der Deutschen AG «Curriculum Herzinsuffizienz-Spezialist»: Norbert Frey, Kiel); beide Curricula sind in vielen Aspekten ähnlich [18]. Angesichts der oben genannten Entwicklung wurden in Deutschland bereits erste Herzinsuffizienz-Referenz­kliniken (Heart Failure Units) zertifiziert, um die Betreuung der Herzinsuffizienz standardisiert und somit qualitativ hochstehend umzusetzen. Entsprechende Strukturen werden aktuell in der Schweiz im Rahmen einer Arbeitsgruppe der Hochspezialisierten Medizin erarbeitet. Zu diesem Thema Herzinsuffizienz-Netzwerke und Herzinsuffizienz-Einheiten («Heart Failure Units») wurde vor kurzem ein Empfehlungs-Manuskript der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefässchirurgie publiziert [19, 20]. Ein entsprechendes Positionspapier wird durch die Arbeitsgruppe Herzinsuffizienz aktuell erarbeitet.

Braucht es ein Curriculum für ­Herzinsuffizienz in der Schweiz?

Die Herzinsuffizienz ist ein komplexes klinisches Syndrom, das letztlich eine Folge verschiedenster Formen von kardiovaskulären Erkrankungen repräsentiert. Alle Patienten mit Herzinsuffizienz benötigen eine Diagnostik der zugrunde liegenden kardialen (und auch vaskulären) Erkrankung und unter Umständen der assoziierten Begleiterkrankungen.
Die hohe Morbidität und Mortalität der Herzinsuffizienz, aber auch die vergleichsweise hohen Kosten erfordern Standards zur Qualitätssicherung, welche die Umsetzung der evidenzbasierten Herzinsuffizienz-Therapie sicherstellen [10, 21–22].
Diese optimierte Behandlung der Herzinsuffizienz baut auf Medikamenten und auf den Möglichkeiten der «Device»-Therapie (zum Beispiel Pacemaker, CRT, ICD, CRT-D, und andere) auf, jedoch sind auch perkutan-interventionelle oder chirurgische Therapien fester Bestandteil.
Die organisierte multidisziplinäre Behandlung der Herzinsuffizienz unter Leitung eines Herzinsuffizienz-Spezialisten verbessert die Resultate der Patienten-­Behandlung (Evidenz-Niveau I A) [23]. Entsprechend wurde die Zusatzqualifikation Herzinsuffizienz-Spezialist in einem Europäischen Land (England) bereits eingeführt (NICE Clinical Guideline No 108: Chronic Heart Failure (National clinical guidelines for diagnosis and management in primary and secondary care, August 2010. Royal College of physicians) [24–25].
In der Schweiz wurde im Rahmen des multidisziplinären Betreuungskonzepts der Herzinsuffizienz erstmals im Jahr 2002 ein Kurs für Pflegende zur Beratung von Herzinsuffizienz-Patienten durchgeführt [26]. Insgesamt konnten seither 10 diesbezügliche Nachdiplom-Kurse erfolgreich abgeschlossen werden. Um die Herzinsuffizienz- Versorgung bei den Primärversorgern zu stärken und auf Anregung der Berufsorganisation für Medizinischen Praxis-AssistentInnen (MPA) (www.odamed.ch), wird seit einigen Jahren auch ein Kurs für MPAs durchgeführt.
Während die Umsetzung der Vermittlung von Fachexpertise für Pflegende und MPAs weit fortgeschritten ist, ist die Umsetzung eines entsprechenden Konzepts für Ärzt­innen und Ärzte mangelhaft. Tatsächlich sieht das Schweizerische Herzinsuffizienz-Netzwerk-Konzept die hausärztliche Versorgung im Zentrum [27] und definiert die Aufgabe des Herzinsuffizienz-Spezialisten in der diagnostisch und therapeutisch-interventionellen Betreuung komplementär zum Hausarzt.
In diesem Zusammenhang erscheint es sinnvoll, dass im Rahmen der neuen TARMED-Tarifstruktur finanzielle Anreize die ambulante Betreuung im Herzinsuffizienz-Netzwerk fördern, um kostspielige Hospitalisationen auf ambulant nicht beherrschbare Situationen zu beschränken.

Ziele des Herzinsuffizienz-Curriculums 
(in Anlehnung der HFA der ESC)

1 Die Vermittlung des Wissenstandes der Herzinsuffizienz, ihrer Ursachen, deren natürlicher (unbehandelter) Progression, Diagnostik und Behandlung;
2 Dokumentation der «Skills», um eine optimierte Herzinsuffizienz-Behandlung durchzuführen mit dem Ziel, eine Niveau-III-Kompetenz (siehe unten) zu erarbeiten;
3 Kompetenz zur Leitung eines multidisziplinären Herzinsuffizienz-Teams;
4 Definition des Trainingsumfangs für verschiedene «Skills», wie Bildgebung, Management von Herzrhythmusstörungen und ­Devices, Herztransplantation und mechanische Kreislauf-Unterstützung.
Die detaillierten «Skills» sind im Positionspapier der HFA präzise aufgeführt [6] und werden im Rahmen dieses Positionspapiers der Arbeitsgruppe nicht wiederholt.

Definitionen Herzinsuffizienz-Ausbildung

– 12 Monate Herzinsuffizienz-Grundausbildung (= HFA), wobei 6 Monate HI-postgraduate-Fortbildung während der Ausbildung zum Facharzttitel für Kardio­logie angerechnet werden können.
– 24 Monate sind erforderlich für den HI-Spezialisten (=HFA-Kriterien), damit ein HI-Zentrum bzw. ein Comprehensive Heart Failure Center (CHFC) geleitet werden kann.
– HFA-zertifizierter Herzinsuffizienz-Spezialist = HI-Spezialist mit HFA-Prüfung.

Aufgabenheft des Herzinsuffizienz-Spezialisten

Funktionen, Aufgaben und Verantwortlichkeiten des Herzinsuffizienz-Spezialisten:
– Kernkompetenz des Herzinsuffizienz-Spezialisten ist die Betreuung der akuten und schweren chronischen Herzinsuffizienz.
– Gewährleistung und Durchführung des Guidelines-konformen Managements (Diagnostik und Therapie) der akuten und chronischen Herzinsuffizienz (Intervention, Pharmakologie, Devices, Lifestyle, usw.).
– Selbständige Durchführung von PM- und ICD-Kontrollen (inkl. Einstellung der CRT) und Echokardiografien bei Herzinsuffizienz-Patienten (insbesondere bei VAD- und Herztransplantationspatienten).
– Der Herzinsuffizienz-Spezialist definiert die lokalen Patientenprozesse für die akuten und chronischen Herzinsuffizienz-Patienten.
– Der Herzinsuffizienz-Spezialist ist Teil des Heart-Teams insbesondere bei valvulärer Pathologie und gleichzeitig eingeschränkter Pumpfunktion. Der Herzinsuffizienz-Spezialist muss bei Heart-Team-Entscheiden (z.B. MitraClip bei funktioneller Mitralinsuffizienz und anderen Interventionen) involviert sein.
– Die Indikation für ein Herzinsuffizienz-Device und Herzersatzverfahren ist von einem Herzinsuffizienz-Spezialisten zu stellen.

Herzinsuffizienz-Zentren

– Ein Herzinsuffizienz-Zentrum ist gefordert, die multidisziplinäre Betreuung von Herzinsuffizienz-Pa­tienten in allen Aspekten zu gewährleisten.
– Ein Herzinsuffizienz-Zentrum ist zentrale Anlaufstelle und Ansprechspartner im Rahmen eines (überregionalen oder lokalen, d.h. z.B. kantonalen) HI-Netzwerks
HI-Zentrum-Levels:
Level 1 Spezial: Betreuung der Herzinsuffizienz (inkl. HI-Beratung)
Level 2: Level 1 mit VAD und Herzchirurgie im Haus
Level 3: Level 2 plus spezialisiert, auch die Betreuung von HTx-Patienten durchzuführen (es kann nachgewiesen werden, dass langjährige Expertise in der Betreuung von HTx-Patienten besteht)
– Alle HI-Zentren müssen bestimmte Qualitätskriterien erfüllen, die regelmässig evaluiert werden.

Übergangsregelung

Fachärzte für Innere Medizin und Kardiologie, die in mindestens 2 der letzten 5 Jahre überwiegend auf dem Gebiet der Herzinsuffizienz klinisch tätig waren (einschliesslich mindestens 2 der geforderten Module) und/oder eine besondere wissenschaftliche Expertise zur Herzinsuffizienz nachweisen, können auf Antrag auch ohne formales Durchlaufen des Curriculums die Zusatzqualifikation «Herzinsuffizienz» erhalten. Die überwiegende Tätigkeit im Bereich Herzinsuffizienz sowie die geforderten Mindestzahlen müssen durch den Leiter der jeweiligen Einrichtung bestätigt werden.

Take home message

Durch die Forschungserfolge der vergangenen Jahrzehnte hat sich die Betreuung des Herzinsuffizienz-­Patienten erheblich verändert.
Der Herzinsuffizienz-Spezialist ist insbesondere dann wichtig, wenn Patienten mit einer De-novo-Herzinsuffizienz klinisch auffällig werden oder bei Patienten, die sich trotz optimaler Betreuung klinisch verschlechtern.
Die Prävalenz der Herzinsuffizienz wird in den nächsten Jahren erheblich zunehmen, einerseits weil die Inzidenz der Herzinsuffizienz mit dem Alter exponentiell zunimmt und der Altersdurchschnitt der Bevölkerung ansteigt, andererseits weil die erfolgreiche Behandlung akuter kardiovaskulärer Erkrankungen (vor allem Myokardinfarkt) durch die moderne Kardiologie viele Leben rettet, wobei ein myokardialer Schaden mit einer Prädisposition für die Entwicklung einer Herzinsuffizienz oft zurückbleibt.
Für die Betreuung künftiger Herzinsuffizienz-Patienten sind daher nationale und regionale Strukturen erforderlich, die gleichzeitig ­hohen Qualitäts­standards genügen und diese Volkskrankheit entsprechend dem Gesundheitsempfinden unserer Gesellschaft betreuen.
Dazu ist in einem ersten Schritt erforderlich, dass der Herzinsuffizienz-Spezialist in seinem Profil und mit seinem Aufgabenbereich definiert wird, um in einem zweiten Schritt die Netzwerk-Strukturen zur Betreuung von Herzinsuffizienz-Patienten anzugehen.
Abkürzungen
CHF Congestive Heart Failure
CHFC Comprehensive Heart Failure Center
HI Herzinsuffizienz
HTx Herztransplantation
VAD Ventricular Assist Device
No financial support and no other potential conflict of interest ­relevant to this article was reported.
Correspondence:
Prof. Dr. med. Paul Mohacsi
HerzGefässZentrum Zürich Klinik im Park
Seestrasse 247
CH-8038 Zürich
paul.mohacsi[at]bluewin.ch

Pr Roger Hullin, MD
Service de Cardiologie, Département Coeur ­Vaisseaux
CHUV
Rue du Bugnon 46
CH-1011 Lausanne
roger.hullin[at]chuv.ch
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